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Allfinanz bezeichnet die Kooperation von rechtlich unabhängigen Unternehmen des Finanzwesens wie Finanzdienstleister, Kreditinstitute (Banken, Genossenschaftsbanken, Sparkassen, Bausparkassen), Versicherern und Investmentgesellschaften wie auch das Ergebnis dieses Prozesses. International wird hierfür auch der Begriff Bancassurance (französisch bancassurance ‚Bankversicherung‘) verwendet, in mancher Literaturquelle findet sich auch die Schreibweise Bankassurance.

Inhaltsverzeichnis

1 Allgemeines
2 Entwicklung
3 Wirtschaftliche Grundlagen
4 Rechtsfragen
5 Siehe auch
6 Literatur
7 Einzelnachweise

Allgemeines

Es handelt sich um Unternehmen des Finanzsektors, die sich nicht auf die ihnen eigentümlichen Finanzprodukte (etwa Bankgeschäfte) beschränken, sondern selbst, in Kooperation mit anderen oder durch Tochtergesellschaften ein breites Spektrum von Finanzdienstleistungen anbieten.[1] Oft werden sie als Finanzkonglomerate zusammengefasst.
Man kann daher Allfinanzanbieter, Allfinanzvermittler und Allfinanzberater unterscheiden. Allfinanzanbieter sind Kooperationen von den genannten Finanzdienstleistern zum Zwecke eines abgestimmten Produktangebots für den gesamten Bedarf an Finanzdienstleistungen aus einer Hand. Die Kooperation kann im Rahmen eines Konzernverbundes oder auf vertraglicher Basis zwischen den rechtlich selbständigen Finanzdienstleistern erfolgen. Allfinanzvermittler sind Finanzvermittler, die Produkte verschiedener, unabhängiger Anbieter mit dem Ziel in ihr Vermittlungsangebot aufnehmen, den gesamten Bedarf an Finanzdienstleistungen abdecken zu können. Allfinanzberater sind meist ebenso Vermittler; nur im Fall von Versicherungsberatern ist rechtlich klargestellt, dass diese ausschließlich beratend im Auftrag des Kunden tätig werden, ohne selbst zu vermitteln. Zur Allfinanz gehört in jedem Fall ein breites Angebot an Finanzdienstleistungen. Die Allfinanz entwickelte sich ab Anfang der 1970er Jahre.

Entwicklung

Die verschiedenen Finanzdienstleistungsbranchen entwickelten sich historisch getrennt. Aus Sicherheitsgründen verlangten die gesetzlichen Bestimmungen, dass Bank- und Sparkassengeschäfte, Bauspargeschäfte, Versicherungsgeschäfte und Investmentgeschäfte von rechtlich getrennten Unternehmen betrieben werden. Erst in jüngerer Zeit, etwa seit den 1970er Jahren, kam es weltweit immer mehr zu einer Kooperation von Unternehmen der verschiedenen Branchen seitens der Anbieter durch Konzernbildung oder vertraglicher Kooperation. Dem standen lange in vielen Ländern rechtliche Hindernisse im Wege. In der Vermittlung gab es aber schon sehr lange eine enge Kooperation. Insbesondere Banken und Sparkassen haben schon sehr früh Produkte von Versicherern, Bausparkassen und Investmentgesellschaften vermittelt. Eine besondere Dynamik entwickelte der Prozess, als Versicherungsvermittler systematisch auch die Vermittlung anderer Finanzdienstleistungsprodukte übernahmen.

Allfinanzprodukte werden sowohl für private wie auch für institutionelle Anleger angeboten.

Wirtschaftliche Grundlagen

Die Vorteile der Allfinanz bestehen auf Kunden- und Anbieterseite.

Auf Kundenseite soll eine ganzheitliche Lösung für den Bedarf an Finanzdienstleistungen erreicht werden. Sowohl soll der gesamte Bedarf lückenlos abgedeckt als auch Überschneidungen der weiterhin von rechtlich selbständigen Unternehmen angebotenen Teile vermieden werden, da solche zu unnötigen Kosten führen.

Auf Anbieter- bzw. Vermittlerseite soll die eigene Fachkompetenz im Bereich der Finanzdienstleistungen möglichst umfassend ausgenutzt werden, um damit aus der Kundenverbindung maximalen Nutzen ziehen zu können. Zudem gilt eine umfassend verbundene Kundenverbindung als stabiler. Kunden, die noch mit anderen Allfinanzverbünden Beziehungen haben, stehen immer unter dem Risiko der Abwerbung. Insbesondere bewirken langfristige Verträge wie Kredite, insbesondere Baudarlehen zum Beispiel durch Bausparkassen, Lebens- und Krankenversicherungen eine dauerhafte Kundenverbindung.

Allerdings werden in der Praxis aus Kostengründen oft diese idealen Verhältnisse nicht erreicht. Eine ganzheitliche Lösung würde eine intensive Untersuchung der Bedarfssituation der Kunden, die meist nicht in der Lage sind, ihren Bedarf selbst zu bestimmen, erfordern. Verbraucherschützer beklagen oft, dass diese Untersuchung aus Kostengründen, aber vor allem auch aufgrund mangelnder Kenntnisse der Vermittler, unterbleibt. Letztlich würde das Ergebnis nicht vom Bedarf, sondern vom Provisionsinteresse des Vermittlers oder Gewinninteresse des Anbieters bestimmt. Damit würden Lücken verbleiben und unnötige Verträge abgeschlossen. Bevorzugt würden gerade langfristige Verträge abgeschlossen, um die Kundenverbindung zu sichern. Eine genaue Abstimmung der Produkte zwischen den rechtlich selbständigen Anbietern ist oft nicht einfach und ist daher manchmal unvollständig, so dass es zu Überschneidungen kommt, die dem Kunden unnötige Kosten aufbürden.

Rechtsfragen

Die historisch bedingte rechtlich begründete Zersplitterung der Finanzdienstleistungen konnte nur langsam gemildert werden. Ursprünglich waren in den USA sogar Konzernverbünde zwischen Versicherern und Banken verboten. Dies endete erst durch die Gründung der Citigroup im Jahre 1998. In Großbritannien war das Modell der Universalbank, die Kredite ausgeben und Kundengelder annehmen darf, lange unbekannt, so dass dort sogar das Bankwesen zersplittert war.

In Deutschland gab es schon lange eine enge Kooperation zwischen den Sparkassen und den öffentlich-rechtlichen Versicherern (Sparkassen-Finanzgruppe). Die Genossenschaftsbanken haben einen eigenen Versicherer, die R+V Versicherung, gegründet. Später haben auch große Bankkonzerne und Versicherungskonzerne jeweils Versicherer bzw. Banken hinzugekauft, so dass heute umfassende Allfinanzkonzerne bestehen. Auch gibt es enge Verbindungen zu Investmentgesellschaften und Bausparkassen. Dieser Verflechtung wurde rechtlich dadurch Rechnung getragen, dass 2002 die bisher getrennten Aufsichtsbehörden für Versicherer, Kreditinstitute und Börsengeschäfte auf eine gemeinsame Einrichtung, die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, übertragen wurde. Allerdings müssen weiter die betreffenden Geschäfte von rechtlich selbständigen Unternehmen betrieben werden (Kreditinstitute, Bausparkassen, Versicherer und Investmentgesellschaften). Für die entsprechenden Geschäfte gelten noch getrennte Aufsichtsgesetze. Allerdings wurde inzwischen auch die Kontrolle über die Eigentümer in die Aufsichtsgesetze übernommen, um den Verflechtungen zwischen verschiedenen Unternehmen in Konzernen gerecht zu werden. Das Finanzkonglomerate-Aufsichtsgesetz regelt seit Juli 2013 die Finanzmarktaufsicht über Finanzkonglomerate wie etwa die Allianz SE-Gruppe.

Siehe auch

Anlageberatung
Finanzielle Allgemeinbildung
Finanzberater
Finanzberatung
Finanzvertrieb

Literatur

Literatur über Allfinanz im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
Gilbert Gornig, Frank Reinhardt: Der unabhängige Allfinanz-Vertrieb – Unter Berücksichtigung hierarchischer Vertriebssysteme. Peter Lang-Verlag, Frankfurt am Main u. a. 2004, ISBN 3631395558.
Andre Eschler: Bancassurance – Methoden der Effizienzsteigerung und ausgewählte Optimierungsmodelle. GRIN-Verlag, 2011, ISBN 978-3-640-84359-6.

Einzelnachweise

↑ Wolfgang Grill/Ludwig Gramlich/Roland Eller (Hrsg.), Gabler Bank Lexikon, Band 1, 1995, S. 44

Normdaten (Sachbegriff): GND: 4272767-4 (OGND, AKS)

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