Qualitätsmanagement (QM) bezeichnet in der Wirtschaft eine Funktion (Management) und alle organisatorischen MaÃÂnahmen, die der Verbesserung der Prozessqualität, der Arbeitsqualität und damit der Produkt- und Dienstleistungsqualität dienen.
Inhaltsverzeichnis
1 Allgemeines
2 Einsatz
3 Historische Entwicklung
4 Modelle und Standards
4.1 EFQM und ISO 9001
4.2 Spezielle Modelle
5 Bewertung
5.1 Kritik
6 Struktur
6.1 Management
6.2 Regelkreis des Qualitätsmanagements
7 Literatur
8 Einzelnachweise
Allgemeines
Der Begriff Leistungen umfasst im QM die Dienstleistungen, geht aber über den üblichen Begriff hinaus und betrifft vor allem die innerorganisatorischen Leistungen. Qualitätsmanagement ist eine Kernaufgabe des Managements. In Wirtschaftszweigen wie der Luft- und Raumfahrt, Automobilindustrie, Medizintechnik, Teilen der Gesundheitsversorgung, der medizinischen Rehabilitation oder der Arznei- und Lebensmittelherstellung ist ein Qualitätsmanagementsystem vorgeschrieben.
Bereits seit etwa 1900 wurden verschiedene Modelle zur Standardisierung des Qualitätsmanagements entwickelt.
Einsatz
Die Wirtschaftswissenschaften sehen Qualitätsmanagement als Teilbereich des funktionalen Managements, mit dem Ziel, die Effektivität und Effizienz einer Arbeit (Arbeitsqualität) oder von Geschäftsprozessen zu erhöhen. Dabei sind materielle und zeitliche Vorgaben zu berücksichtigen sowie die Qualität von Produkt oder Dienstleistung zu erhalten oder weiterzuentwickeln.
Inhalte sind etwa die Optimierung von Kommunikationsstrukturen, professionelle Lösungsstrategien, die Erhaltung oder Steigerung der Zufriedenheit von Kunden oder Klienten sowie der Motivation der Belegschaft, die Standardisierungen bestimmter Handlungs- und Arbeitsprozesse, Normen für Produkte oder Leistungen, Dokumentationen, Berufliche Weiterbildung, Ausstattung und Gestaltung von Arbeitsräumen.
Bei der Gestaltung von Arbeitsabläufen in Organisationen soll Qualitätsmanagement sicherstellen, dass Qualitätsbelange den zugewiesenen Platz einnehmen. Qualität bezieht sich dabei sowohl auf die vermarkteten Produkte und Dienstleistungen, als auch auf die internen Prozesse der Organisation und ist definiert als das MaÃÂ, in dem das betrachtete Produkt oder der betrachtete Prozess den Anforderungen genügt. Diese Anforderungen können explizit definiert sein, sie können aber auch implizit vorausgesetzt werden (Erwartungen).
Qualitätsmanagement führt somit nicht zwangsläufig zu einem höherwertigen Ergebnis, sondern zielt auf die Sicherstellung der vorgegebenen Qualität. Auch der Herstellungsprozess eines Billigprodukts kann einem vollständigen Qualitätsmanagement unterliegen. Qualitätszertifizierungen etwa nach ISO sagen somit nichts über die Produktqualität aus, wie teilweise durch Werbung suggeriert, sondern nur über das Qualitätsmanagement im Herstellungsprozess.
Historische Entwicklung
Zeit
Schlagwort
Beschreibung
Vorreiter
um 1900
Qualitätskontrolle
Aussortieren von fehlerhaften Produkten
Ford, Taylor
um 1930
Qualitätsprüfung
Steuerung basierend auf Statistiken
Walter A. Shewhart z. B. Regelkarten
um 1960
QualitätsmaÃÂnahmen im ganzen Unternehmen
Vorbeugende MaÃÂnahmen
Genichi Taguchi, W.E. Deming
um 1964
Null-Fehler-Programm des US-Verteidigungsministeriums
Ziel der Perfektion
Philip B. Crosby
um 1985
Null-Fehlerstrategie
Six Sigma
General Electric, Motorola
1988
EFQM-Modell
neun ganzheitliche Kriterien
EFQM
um 1990
umfassendes Qualitätskonzept
Integration von Teilkonzepten
Ishikawa 5-Why Six-Sigma
1995
Total-Quality-Management
Qualität als Systemziel
W.E. Deming, Malcolm Baldrige KVP kontinuierlicher Verbesserungs-Prozess
Modelle und Standards
Es gibt eine Reihe von Qualitätsmanagementnormen, welche als Rahmen oder auch als verpflichtende Vorgabe für die Etablierung eines Qualitätsmanagementsystems herangezogen werden. Die Nutzung der verschiedenen Qualitätsstandards zeigt starke regionale und branchenspezifische Unterschiede. Vor allem asiatische und angelsächsische Hersteller, insbesondere in der Industrie, haben Qualitätsmanagementmethoden eingeführt, (siehe auch Qualitätsmodell nach Donabedian).
EFQM und ISO 9001
Die bekanntesten Qualitätsmanagementmodelle sind das EFQM-Modell (European Foundation for Quality Management-Modell) sowie die ISO 9001, die beide Schnittmengen in der Prozessorientierung haben.
Das EFQM-Modell ist europäisch ausgerichtet und ermöglicht ebenso ein Zertifikat durch einen Auditor â wie das der EN ISO 9001. Es ist im Gegensatz zur ISO 9001:2015 ein Wettbewerbsmodell, welches nicht auf die Erfüllung von Vorgaben, sondern auf die Selbstverantwortung in der Bewertung abzielt. Zentrales Anliegen des EFQM-Modells ist die stetige Verbesserung mittels Innovation und Lernen in allen Unternehmensteilen und in Zusammenarbeit mit anderen EFQM-Anwendern. Es orientiert sich laufend an weltbesten Umsetzungen, so dass es für ein Unternehmen nie möglich ist, die Maximalpunktzahl zu erreichen. Es besteht somit im Vergleich zur ISO 9001:2008 eine gröÃÂere Motivation für weitere Verbesserungen. EFQM lässt sich nicht nur auf Wirtschaftsunternehmen, sondern auch auf Dienstleistungs- und soziale Einrichtungen anwenden. Die Revision ISO 9001:2015 folgt dem Ansatz des EFQM-Modells in Bezug auf ständige Verbesserung sowie Risikomanagement sowohl auf operativer als auch strategischer Ebene.
Spezielle Modelle
Neuere Qualitätsstandards wie IATF 16949:2016 orientieren sich stärker an den schon lange bekannten und fundierten Methoden der Begründer des industriellen Qualitätsgedankens (W. Edwards Deming, Walter A. Shewhart).
Für den öffentlichen Sektor wurde in Europa das auf EFQM aufbauende CAF (Common Assessment Framework)-Modell entwickelt.
Für Organisationen mit Entwicklungsaufgaben (interne IT-Abteilungen, Auto-Entwicklung, Maschinen-Entwicklung) gibt es das Capability Maturity Model Integration (CMMI) als ein spezialisiertes Prozessmodell. Durch die spezifische Ausrichtung auf Entwicklungsorganisationen kann CMMI detaillierter auf einzelne Prozessaspekte eingehen.
In der Produktion werden statistische Mittel verwendet, um den Herstellungsprozess zu überwachen. Zu den darauf aufbauenden Qualitätsstrategien gehört auch Six Sigma.
Im Projektmanagement werden ebenfalls eigene Qualitätsmanagementverfahren eingesetzt, siehe Qualitätsmanagement im Projektmanagement.
Speziell für Architektur- und Ingenieurbüros wurde in Zusammenarbeit mit dem TÃÂV Rheinland 2007 das QualitätsZertifikat Planer am Bau (âÂÂQZ Planer am Bauâ ist eingetragene Wortmarke beim Deutschen Patent- und Markenamt) entwickelt.
Die strengsten Zertifizierungen sind jene der Automobilindustrie, wie die IATF16949:2016 oder deren Vorgänger QS-9000 und VDA 6.1.
Eigene Standards sind vorgesehen in der Medizin und der Medizintechnik, wie unter Qualitätsmanagement in der Medizin beschrieben, sowie
im Weiterbildungsbereich,
in der Luft- und Raumfahrt und
in Kernkraftwerken.
Bewertung
Viele Qualitätsmanagementmodelle unternehmen den Versuch, die Prozesse objektiv bewertbar zu machen. Dabei sind zwei grundlegend verschiedene Ansätze zu unterscheiden:
a) Zertifizierbare Normen mit definierten Mindestanforderungen an ein wirksames Qualitätsmanagementsystem, beispielsweise die EN ISO 9001, die durch Audits bewertet werden.
b) Selbstbewertung des eigenen Qualitätsmanagementsystems und Benchmarking zwischen Wettbewerbern um einen Qualitätspreis, beispielsweise den EFQM Excellence Award der European Foundation for Quality Management (Wirtschaft), den Speyerer Qualitätswettbewerb (für den öffentlichen Sektor) oder den Ludwig-Erhard-Preis, der deutsche Preis nach den Regeln des EFQM mit hohem politischen Ansehen, innerhalb dessen die Wirksamkeit der im Wettbewerb stehenden Qualitätsmanagementsysteme miteinander verglichen werden.
Siehe auch: Bewertung (Qualitätsmanagement)
Kritik
Kritisch wird häufig kommentiert, dass nur extern auditierte und zertifizierte Qualitätsmanagementmodelle objektiven Kriterien standhalten, da bei einer Selbstbewertung oftmals zugunsten der eigenen Situation bewertet wird. Von Auditoren ausgestellte Zertifikate, beispielsweise die drei möglichen Zertifikate der EFQM, legen daher einen Schwerpunkt auf externe Audits anstelle von Selbstbewertungen.
Siehe auch: Evaluation und Qualitätsmanagement
Die Sozialwissenschaftlerin Bettina Warzecha vertritt den Standpunkt, dass sich komplexe Arbeitsabläufe nicht durch Kennzahlen abbilden lassen: Es sei ein Mythos, dass industrielle Prozesse mittels Qualitätsmanagement beherrschbar seien.[1][2]
Der Sozial- und Wirtschaftswissenschaftler Paul Reinbacher qualifiziert Qualitätsmanagement als Kitsch, da es Komfortzonen schaffe, in denen Erwartungen erfüllt, aber keine neuen Impulse generiert werden. In diesem Sinne sei Qualitätsmanagement tendenziell konservativ statt innovativ.[3]
Auch ein funktionierendes QM-System gibt keinen Aufschluss darüber ob die Produkte oder Dienstleistungen dem allgemeinen Qualitätsverständnis entsprechen und somit von hoher Qualität sind.
Struktur
Qualitätsmanagement ist ein selbstreferenzieller Prozess, das heiÃÂt, die Verfahren zur Verbesserung des jeweiligen Gegenstands lassen sich auch auf den Qualitätsmanagementprozess selbst anwenden.
Management
Im QM als Managementaufgabe werden festgelegt:
Qualitätspolitik
Ziele
Verantwortungen
Dabei liegt es im Interesse des Managements, eindeutige Beschreibungen niederzulegen, andernfalls kann es persönlich für die durch das Produkt eingetretenen Schäden zur Verantwortung gezogen werden.
Die DIN EN ISO 9001:2015 sieht eine in regelmäÃÂigen Abständen durchzuführende Bewertung des Qualitätsmanagementsystems durch die oberste Leitung, also die Geschäftsführung vor. Es werden keine einzelnen Personen bewertet, sondern nur das System. Ferner wird davon abgeraten, die Bewertung des QMS durch den eigenen Qualitätsmanagementbeauftragten (QMB) durchzuführen, denn eine Selbst-Bewertung hat wenig Sinn.
In den Vorgaben der Norm wird gefordert, dass die Bewertung in âÂÂregelmäÃÂigen Abständenâ stattfinden soll, in der Praxis wird die Bewertung im Jahresrhythmus vorgenommen. In der Bewertung des Qualitätsmanagementsystems wird der Frage nachgegangen, ob das QMS in Leistung und Wirksamkeit den aktuellen Ansprüchen gerecht wird oder eine Anpassung nach Kapitel 9.3.2 der ISO-Norm empfehlenswert ist. Inhaltlich gilt es, Rückschlüsse auf die Kundenzufriedenheit zu ziehen, oder ob es Veränderungen der internen und externen Anspruchsgruppen für das Unternehmen bedarf, sowie ein Resümee über Leistungen externer Anbieter und Ergebnisse von ÃÂberwachungen und Messungen.
Die Ergebnisse der Bewertung flieÃÂen in die aktuellen und die folgenden Auditberichte ein.[4]
Regelkreis des Qualitätsmanagements
GroÃÂer Wert wird auf die kontinuierliche Verbesserung der Prozesse gelegt. Erfahrungen daraus flieÃÂen wieder zurück in die Planung, so dass ein Regelkreis (Demingkreis) entsteht:[5]
Qualitätsplanung â es wird ein Ist-Zustand ermittelt und die Rahmenbedingungen für das Qualitätsmanagement festgelegt. Danach werden Konzepte und Abläufe erarbeitet.
Qualitätslenkung â die in der Planphase gewonnenen Ergebnisse werden umgesetzt (QFD, FMEA).
Qualitätssicherung â Auswerten qualitativer und quantitativer Qualitätsinformationen (Kosten-Nutzen-Betrachtungen, ÃÂberprüfen von gemachten Annahmen).
Qualitätsgewinn â aus vorheriger Phase gewonnene Informationen werden für StrukturverbesserungsmaÃÂnahmen und Prozessoptimierung eingesetzt. Erfolge und Ergebnisse werden kommuniziert.
Literatur
Holger Brüggemann, Peik Bremer: Grundlagen Qualitätsmanagement. Von den Werkzeugen über Methoden zum TQM. Wiesbaden: Springer 2012, ISBN 978-3-8348-1309-1.
Franz J. Brunner, Karl W. Wagner: Qualitätsmanagement. Leitfaden für Studium und Praxis. München, Wien: Hanser 2011, ISBN 978-3-446-42516-3.
Hermann J. Thomann, Thomas Träger (Hrsg.): Qualitätsmanagement in Dienstleistungsunternehmen. Aktuelles Praxishandbuch TÃÂV Media, Köln 2018, ISBN 978-3-8249-0473-0.
Günter Göbel, Knut Marhold, E. Rüdiger Weng: QM FIBEL â Erfolgreiches QualitätsManagement für Architekten und Ingenieure. IWW-Institut für Wirtschaftspublizistik GmbH & Co. KG, Würzburg, 2. Aufl. 2014, ISBN 978-3-89212-048-3.
Uli GreÃÂler, Rainer Göppel: Qualitätsmanagement. Eine Einführung. Bildungsverlag EINS, Troisdorf, ISBN 3-8237-4795-9.
Gerd F. Kamiske (Hrsg.): Bausteine des innovativen Qualitätsmanagement. Hanser, München/Wien 1997, ISBN 3-446-18990-4.
MQ â Management und Qualität / Das Magazin für integrierte Managementsysteme, Ausgabe Deutschland, Organ von TÃÂV Cert, TÃÂV Media, Köln, ISSN 1862-2623.
Tilo Pfeifer, Robert Schmitt (Hrsg.): Masing Handbuch Qualitätsmanagement, Carl Hanser Fachbuchverlag, München; Wien, 6. überarbeitete Auflage 2014, ISBN 978-3-446-43431-8
Dieter Pfister, Lucien Schoppig: Identifikation als Erfolgsfaktor im modernen Qualitätsmanagement, Basel 1994, ISBN 3-906430-53-7.
Armin Töpfer, Hartmut Mehdorn: Total Quality Management. 3. Auflage, Luchterhand, Berlin 1994, ISBN 3-472-01759-7.
Karl W. Wagner: Qualitätsmanagement für KMU. Hanser, München 2005, ISBN 3-446-40229-2.
Ernest Wallmüller: Ganzheitliches Qualitätsmanagement in der Informationsverarbeitung. München, Wien: Hanser 1994 ISBN 3-446-17101-0.
Herbert Schnauber, Armin Schuster (Hrsg.): Erfolgsfaktor Qualität. Einsatz und Nutzen des EFQM-Excellence-Modells. Symposion Publishing GmbH, Düsseldorf 2012, ISBN 978-3-86329-420-5
Robert Schmitt, Tilo Pfeifer: Qualitätsmanagement. Strategien â Methoden â Techniken. Hanser Verlag, München, 5. Auflage 2015, ISBN 978-3-446-43432-5.
Einzelnachweise
â http://www.brandeins.de/archiv/2010/qualitaet/ungesunde-ordnung/ Interview mit der Sozialwissenschaftlerin Bettina Warzecha: Ungesunde Ordnung, brand eins (Wirtschaftsmagazin) 12. Jahrgang, Heft 10 vom Oktober 2010, S. 120âÂÂ124.
â Bettina Warzecha: Problem Qualitätsmanagement â Prozessorientierung, Beherrschbarkeit und Null-Fehler-Abläufe als moderne Mythen, Verlag für Planung und Organisation, 2009, 163 Seiten, ISBN 978-3-00-028012-2.
â Paul Reinbacher: Qualitätsmanagement? Kitsch! In: The European. Das Debatten-Magazin. 12. Oktober 2015.
â Die Managementbewertung im Qualitätsmanagement. concept-pro.de, abgerufen am 15. November 2018.
â Schmitt, Robert; Pfeifer, Tilo; ReiÃÂiger, Wolf: Qualitätsgerechte Organisationsstrukturen. In: Schmitt, Robert; Pfeifer, Tilo (Hrsg.): Masing Handbuch Qualitätsmanagement. 5. Auflage. Hanser, München 2007, ISBN 978-3-446-40752-7, S. 54.
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